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Wenn es um die Wahrheit geht, erwartet man sicher einen hochtheoretischen, in philosophischen Höhen schwebenden Exkurs. Gut, aber dies ist ja ein persönlicher Block, deshalb nehme ich mir die Freiheit, mit meinem ganz privaten Verhältnis zur Wahrheit zu beginnen.


Die Wahrheit und ich


Wie wohl die Mehrzahl aller Kinder bin auch ich mit Märchen aufgewachsen. Ich hörte sie gern, wenn ein Erwachsener sie mir erzählte, sah Märchenfilme im Fernseher und im Kino, las Märchenbücher. Das gefiel mir durchaus.

Diese heile, glückliche Welt geriet aber ins Wanken, als ich durch Zufall auf die Sagen der altgriechischen Mythologie stieß. Irgendwie gefielen sie mir besser als Märchen. Und irgendwann begriff ich, woran das lag.

Die Märchen gaukelten mir eine Welt vor, wie es sie nicht gab. Es gab Gute und Böse. Und am Ende siegte trotz aller Widrigkeiten immer das Gute und das Böse wurde bestraft. Eine schöne Welt, aber keine wahre Welt!

In den Sagen war es ganz anders. Hier gab es niemanden, der nur gut oder nur böse war, das waren Menschen, wie sie mir tagtäglich begegneten, mit guten und eben auch bösen Eigenschaften. Und das Gute siegte auch nur manchmal, manchmal eben auch das Böse. Und selbst der größte Held der Griechen, Herakles, musste einen jämmerlichen Tod sterben (übriges infolge der Dummheit seiner Frau).

Sagen kamen dem realen Leben, das ich tagtäglich beobachtete, näher als Märchen, waren wahrer.

Ich wollte nicht mehr auf "Märchen" hereinfallen!

Und so begann ich die Aussagen der Autoritäten, mit denen ich zu tun hatte, kritisch zu hinterfragen, die Erwachsenen aus meinem Umfeld, Lehrer, öffentliche Personen.

In der Schule etwa gab es Schüler, die nicht verstanden oder verstehen wollten, was die Lehrer da erzählten, dann gab es da Schüler, die durchaus begriffen, was von ihnen verlangt wurde, fleißig lernten und gute Noten erhielten - und mich, der sich ständig fragte: "Stimmt denn das, was der Typ da vorne mir weismachen will?"

Dummerweise gelang es mir nicht immer, mich zu beherrschen, meine Gedanken für mich zu behalten, vor allem, wenn ein Thema mich interessierte und ich mich mit alternativen Standpunkten auseinandergesetzt hatte.

Man kann sich leicht vorstellen, dass diese Manie mir das Leben nicht grade leicht gemacht hat. Je hierarchischer eine gesellschaftliche Struktur war (alle gesellschaftlichen Strukturen sind mehr oder weniger hierarchisch!), in der ich mich bewegte, desto ausgeschlossener war Erfolg oder Karriere für mich. Als Unterstellter nervte ich meine Vorgesetzten ungemein, weil ich ihre Entscheidungen manchmal für dumm hielt, als Vorgesetzter nervte ich mich selbst, weil ich auch meine Entscheidungen für dumm hielt.

Schwamm drüber!

Jedenfalls kam ich über dir Frage nach konkreten Wahrheiten bezüglich eines bestimmten Sachverhalts irgendwann auf die Frage, was denn eigentlich die Wahrheit an sich ist, losgelöst von irgendwelchen beliebigen Sachverhalten, woran man erkennt, was wahr ist und was falsch.

Und da war ich in der Philosophie gelandet, denn nur sie stellt sich so merkwürdige theoretische Fragen.

Und siehe an, da gab es ja von sehr klugen Menschen entworfene


Wahrheitstheorien


Eine kurze Übersicht dazu:

Wahrheitstheorie

 

Vertreter z.B.

Wahrheit ist …

Probleme

Korrespondenz-theorie

 

Thomas von Aquin

 

Übereinstimmung des Denkens mit der Wirklichkeit

 

siehe unten

Redundanztheorie

 

Frege

ein überflüssiger Begriff

 

führt zu Wahrheits-relativismus

Pragmatische Wahrheitstheorie

William James

 

was erfolgreich ist

auch eine Lüge kann erfolgreich sein

Konsensustheorie

 

Habermas

 

diskursiver Konsens

 

setzt unrealistisch hohe Anforderungen an den Diskurs voraus

 

Kohärenztheorie

 

Neurath

 

Widerspruchs-freiheit innerhalb eines Systems

nur ideale Eigenschaft eines Gesamtsystems

 

Werfen wir nur einen Blick auf die wohl weitverbreitetste, dem Common Sense am nächsten kommende Theorie, die Korrespondenztheorie der Wahrheit.

Zu ihren wichtigsten Vertretern zählt man oft Aristoteles, Thomas von Aquin, Kant, Russell, Wittgenstein, Tarski, bedeutende Philosophen also.

Zurück zum gesunden Menschenverstand.

Wann glauben wir Menschen eigentlich, dass das, was wir denken, die Wahrheit ist?

Wir sehen z.B. eine Stuhl. Wir denken: das ist ein Stuhl. Wir sind überzeugt, das ist auch in Wirklichkeit ein Stuhl, keine Einbildung. Daher gehen wir davon aus, dass das, was wir denken die Wahrheit ist.

So weit, so gut. Wenn es nicht so laufen würde, wären wir als Spezies auch nicht überlebensfähig.

Doch man kann ja tiefer fragen.

Ich übersetze die dahinterstehenden philosophischen Gedankengänge hierzu in eine Sicht auf das Alltagsdenken.

Die Wahrheit soll also in der Korrespondenz, also der Übereinstimmung meines Denkens mit der Realität bestehen.

Doch wie kann ich eigentlich die Übereinstimmung zwischen zwei so unterschiedlichen Dingen wie einem Gedanken und einem realen Gegenstand feststellen?

Das eine ist in meinem Kopf, das andere da draußen.

Das eine ist etwas Mentales, das andere etwas Materielles.

Meine Gedanken kann ich anhand bestimmter Kriterien miteinander vergleichen, z.B. ob sie logisch korrekt oder logisch inkorrekt sind.

Dinge der Welt kann ich anhand ihrer Erscheinungen für mich, also gefiltert durch meine Sinnesorgane und strukturiert durch meinen Verstand vergleichen, aber nicht die „Dinge an sich“ (nach Kant).

"Um aber beide Elemente der Wahrheitsrelation vergleichen zu können, müssten wir einen Standpunkt außerhalb der Welt einnehmen und einen unmittelbaren Zugang zu den Tatsachen haben. Da wir aber die Welt nicht mit den Augen Gottes von einem objektiven Standpunkt aus betrachten können, sondern in ihr leben, können wir immer nur eine interne Perspektive einnehmen und Aussagen und Theorien miteinander vergleichen." (Zoglauer in "Einführung in die formale Logik für Philosophen")

Also selbst in der Philosophie finden wir keine Antwort auf unsere Frage, was eigentlich die Wahrheit ist. Warum das so ist, kann ich in diesem kurzen Format nicht erläutern.

Nur eine letzte Bemerkung zu den Wahrheitstheorien:

Wahrheitstheorien haben schon ein logisches Problem.

Wenn ich eine Wahrheitstheorie aufstelle, gehe ich ja automatisch davon aus, dass meine Theorie wahr ist - sonst würde ich es ja nicht tun.

Ich gehe als von (wie ich voraussetze) der Wahrheit aus, um die Wahrheit zu erklären.

Das führt zu kuriosen Folgen.

Auf die Frage, was die Wahrheit ist, müsste ich jetzt konsequenterweise antworten: Das, was meine Theorie über die Wahrheit aussagt.

Mit anderen Worten: Die Wahrheit ist das, was ich für die Wahrheit halte.

Damit ist der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet - und ein bisschen auch dem Größenwahn!


Und was nun?


Ist das alles ein Grund in Verzweiflung zu verfallen, den kollektiven Selbstmord der Menschheit in Erwägung zu ziehen?

Sicher nicht, wir Menschen sind außerordentlich zäh, selbst wenn wir keine Ahnung haben, suchen wir nach einer pragmatischen Lösung, die zwar nicht optimal ist, aber immer noch besser als reines Herumraten oder gar Passivität.


Im Recht z.B. gibt es:

§ 57 StPO – Belehrung des Zeugen

„Vor der Vernehmung ist der Zeuge über seine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage und über das Recht, die Aussage zu verweigern, zu belehren.“

oder

§ 395 ZPO – Wahrheitspflicht

„Der Zeuge hat die Pflicht, die Wahrheit anzugeben.“

Mit anderen Worten: Das deutsche Recht verlangt von einem Zeugen (siehe das Zitat von Zoglauer) göttliche Allwissenheit!

Gemeint ist natürlich etwas anderes: Der Zeuge soll und darf nicht bewusst lügen. Aber nicht lügen und die Wahrheit sagen sind zwei verschiedene Dinge, die nur bedingt übereinstimmen.

Vielleicht gibt es einfach psychologische Gründe dafür eine so seltsame Formulierung zu wählen wie Wahrheitspflicht.

Wahrheit hört sich ganz einfach besser an als Nichtlügen, klingt doch irgendwie sehr edel und nicht so profan. Und erzielt deshalb hoffentlich eher die gewünschte Wirkung bei Zeugen.


In den Natur- und Sozialwissenschaften geht man sehr pragmatisch mit der Wahrheit um. In den verschiedenen Disziplinen hat sich historisch ein recht reglementiertes Anspruchsniveau für seriöses wissenschaftliches Arbeiten herausgebildet. Der Wissenschaft geht es also primär nicht um die Wahrheit, sondern um die Einhaltung von Normen, die eine möglichst adäquate Annäherung an die Wirklichkeit garantieren sollen.

Zu den bekannten Methoden gehören z.B.

Beobachtung und Experiment.

Hier wird eine Aussage durch wiederholte Beobachtungen oder Experimente bestätigt oder widerlegt.

Oder

Induktion,

also die Verallgemeinerung vieler einzelner Beobachtungen.

Viele kluge Wissenschaftlicher sind sich durchaus bewusst, dass es angebracht ist, sich in Bescheidenheit zu üben - alle leider nicht.

Das Ergebnis eines Experiments ist nichts anderes als das Ergebnis eines Experiments, vielleicht ein Fakt, vielleicht eine Tatsache - niemals aber die Wahrheit.


Darüber hinaus gibt es auch noch weitere "Wahrheiten", etwa ästhetische oder normative/ethische, auf die hier aber nicht weiter eingegangen werden soll.


Dann gibt es noch das logisch/mathematische Denken, das ich bevorzuge. Der Weisheit letzter Schluss zur Erklärung der Wahrheit ist auch das nicht. Aber immerhin liefert es Ergebnisse die a priori (unabhängig von Erfahrung) wahr oder falsch sind. Und: Ich weiß es nicht besser!

 

Das Wort Logik hat, wie viele andere Wörter, einen altgriechischen Ursprung: λογικὴ τέχνη logikè téchnē ‚Kunst des Denkens‘. Daher auch die Überschrift für diese Beitragsserie.

Will man verstehen, was Logik ist, sollte man zuerst einmal alle falschen Vorstellungen über Bord werfen, die in den Köpfen herumspuken.

Nein, was der Kunstfigur des Mr. Spock aus Star Trek so in den Mund gelegt wurde, hat herzlich wenig mir Logik zu tun.

Auch diese neckischen Zahlen-, Buchstaben- oder Figurenreihen aus psychologischen Tests messen etwas durchaus Anzustrebendes in den Verlaufsqualitäten des Denkens, nur keine Fähigkeit zur Anwendung logischer Gesetze.

Und erst recht ist der sorglose alltagssprachliche Umgang mit den Adjektiven logisch und unlogisch nichts was uns weiterhilft. Unlogisch ist besonders bizarr, denn schließendes Denken ist immer logisch, nur eben logisch korrekt oder logisch nicht korrekt.


Werfen wir also einen Blick auf diverse Definitionen:

Thomas Zoglauer "Einführung in die formale Logik für Philosophen": "Logik ist die Lehre vom folgerichtigen Denken, Schließen und Argumentieren. Die moderne Logik versteht sich als formale Logik, der es allein um die Form der Schlüsse und nicht um ihren Inhalt geht."

Irving M. Copi "Einführung in die Formale Logik": "Logisches Denken stellt eine bestimmte Art des Denkens dar, in welchem Schlussfolgerungen vorgenommen werden, d. h. in welchem Konklusionen aus Prämissen abgeleitet werden. Der Logiker beschäftigt sich in erster Linie mit dem abgeschlossenen Denkprozess. Dabei lautet die Frage stets: Folgt die hergeleitete Konklusion aus den verwendeten oder angenommenen Prämissen? Liefern uns die Prämissen gute Gründe für die Annahme der Konklusion? Wenn die Prämissen adäquate Gründe für die Behauptung der Konklusion liefern, wenn die Bejahung der Wahrheit der Prämissen die Bejahung der Wahrheit auch der Konklusion nach sich zieht, dann ist logisches Denken korrekt. Sonst ist es nicht korrekt."

Paul Hoyningen-Huene "Formale Logik": Die Logik interessiert sich zentral für das logische Folgern (und andere verwandte Begriffe und Verfahren). Sie muß dazu nicht die involvierten Aussagen in ihrer Ganzheit betrachten, sondern nur ihre logischen Formen."

Das kann man verstehen, aber hat man es auch wirklich begriffen, verstehen und begreifen sind ja nicht identisch?


Also zurück ins 4. Jahrhundert vor Christus als ein gewisser Herr Aristoteles die Logik als eigenständige Disziplin begründete. Wir wissen natürlich nicht, was genau im Kopf des Aristoteles vorging, aber wir haben, vor allem auf Grund seiner überlieferten Werke, ausreichend Kenntnisse über ihn, um uns ein wahrscheinliches Szenario vorstellen zu können.

Aristoteles hat sich ja für nahezu alles interessiert. Heute gilt er zwar vor allem als einer der drei großen Philosophen der griechischen Antike, neben Sokrates und Platon, aber sein Werk ist erstaunlich vielfältig. Er hat über die Meteorologie geschrieben, über die Fortpflanzung der Tiere, über Poetik...

Dabei muss ihm aufgefallen sein, dass, worauf auch immer eine gedankliche Überlegung gerichtet ist, auf ein Handeln (praxis), das Verfolgen und Realisieren eines Gutes, auf ein Herstellen (poiêsis), das Hervorbringen eines von der Tätigkeit abgelösten Werkes, oder auf ein Betrachten (theôria), das intellektuelle Erfassen der wesentlichen Zusammenhänge, dies immer Denken erfordert. Und Denken kann, ich drücke es in einem logikfremden Vokabular aus, entweder erfolgreich sein oder eben nicht. Könnte es sein, dass da irgendwelche Gesetzmäßigkeiten im Spiel sind, deren Befolgung oder Nichtbefolgung eben über Erfolg und Misserfolg entscheiden?

Und dann hatte er eine Idee. Selbst wenn alle anderen seiner Werke verloren gegangen, nur die Arbeiten zur Logik erhalten wären, er würde zu Recht als einer der genialsten Menschen aller Zeiten gelten. Diese Idee war die Entdeckung der Form!


Das bedeutet, dass für die Korrektheit eines Schlusses (nicht seine Wahrheit) allein die Form verantwortlich ist, nicht der Inhalt der Aussage!

Beispiele logisch korrekter Schlüsse (der Einfachheit halber aus der heutigen Logik, das Prinzip der Form ist identisch):

Wenn es regnet, wird die Straße nass. Und es regnet. Also wird die Straße nass.

Wenn ich Hunger habe, esse ich etwas. Und ich habe Hunger. Also esse ich etwas.

Wenn ich einer politischen Partei vertraue, dann wähle ich sie. Und ich vertraue einer politischen Partei. Also wähle ich sie.

Was ist hier auffällig? Alle drei Sätze haben einen völlig unterschiedlichen Inhalt, aber eine identische Form.

Wenn p, dann q. Und p. Also q.

Oder:

P1: (p → q)

P2: p

K: q

Und diese Form ist immer logisch gültig.

Im Kern ist Logik also die Lehre von den Regeln des richtigen Schließens. Sie untersucht, wann aus bestimmten Voraussetzungen zwingend eine Schlussfolgerung folgt.

Logik ist also mächtig, weil sie Ordnung in das Denken bringt. Sie hilft, Fehlschlüsse zu vermeiden, Argumente zu prüfen und Zusammenhänge klarer zu erkennen. In der Wissenschaft ist sie unverzichtbar: Ohne logische Strukturen gäbe es keine Mathematik, keine Informatik, keine formale Philosophie. Sie ermöglicht es, komplexe Systeme zu analysieren, Hypothesen zu überprüfen und aus bekannten Fakten neue Einsichten zu gewinnen.

In der Ethik und Politik kann sie helfen, Argumente zu entwirren und Manipulation zu durchschauen. Wer logisch denkt, lässt sich weniger leicht täuschen.


Sie hat zudem nach heutigem Verständnis den Vorteil, dass sie eindeutig und nicht widerlegbar ist. 2+3=5. Basta! Wer jetzt diskutieren will: "Ich denke aber, es könnte auch 4,7 sein" - der sollte dringend den Psychiater wechseln. Ihre Gesetze gelten zudem in allen möglichen Welten, unabhängig davon, ob es dort denkende Wesen gibt, die diese Gesetze begreifen und formulieren können.

Dieser Vorteil hat aber eine zweite Seite, die niemand besser formuliert hat als Ludwig Wittgensteins "Tractatus Logico-Philosophicus", Satz 5.43:

"Alle Sätze der Logik sagen das Gleiche, nämlich nichts."

Wittgenstein meint damit, dass logische Sätze keine Tatsachen über die Welt beschreiben – sie sind tautologisch, also immer wahr, unabhängig von der Wirklichkeit.

Sie zeigen die Form aller möglichen Sätze und damit die Struktur der Welt, aber sie sagen selbst nichts über sie aus.

Angewandt auf unser Beispiel: 2+3=5, vielleicht eine neue Erkenntnis für ein Vorschulkind, aber?

Links neben dem Gleichheitszeichen steht 2+3, was ja nun einmal 5 ist. Rechts steht auch 5. Also 5=5. Welch überraschendes Resultat! Und wenn wir jetzt auch noch kürzen, kommt 0=0 heraus. Also 0. Oder eben nichts.


Ein zweites Problem der Logik:

Die Logik hat sich zwar sein 1879, als Gottlob Frege seine "Begriffsschrift. Eine der arithmetischen nachgebildete Formelsprache des reinen Denkens." veröffentlicht hat, rasant entwickelt, so dass mittlerweile viele Bereiche des menschlichen Denkens logisch analysierbar sind - aber einige eben (noch?) nicht.

Die logische Form irrealer Konditionalsätze oder konjunktivischer Sätze, die logische Form von Sätzen über Wahrscheinlichkeiten und kausale Beziehungen, die logische Rolle von Adverbien und attributiver Adjektive, Theorien über Massentermini wie „Feuer“, „Wasser“ usw., eine Theorie über Sätze des Glaubens, der Wahrnehmung, der Absicht; eine Theorie über Verben des Handelns, die eine Zwecksetzung implizieren; eine Theorie der Imperative, Optative, Fragesätze usw. (Programm von Donald Davidson 1967 „Wahrheit und Bedeutung“)


Fazit: Ein Denken ohne Logik ist chaotisch, aber ein Leben nur nach Logik ist leblos. Die Kunst besteht darin, Logik als Werkzeug zu nutzen, ohne ihr die Herrschaft zu überlassen. Sie soll helfen, klar zu denken, nicht kalt zu fühlen.

Gerade in Zeiten von Fake News, Verschwörungstheorien und emotionaler Überhitzung ist Logik wichtiger denn je – nicht um Menschen zu entmenschlichen, sondern um das Menschliche zu bewahren: den klaren, verantwortlichen Geist.

Logik ist die Grammatik des Denkens – notwendig, aber nicht hinreichend für Wahrheit. Sie zeigt, wie man richtig schließt, aber nicht, was richtig ist.

Sie ist ein Instrument der Vernunft, kein Ersatz für sie.

Wer Logik richtig versteht, weiß: Sie ist nicht das Ziel des Denkens, sondern sein Weg.


Und da sind wir wieder bei Aristoteles.

Er verstand Logik als „Organon“, d. h. als ein Werkzeug oder Instrument, das vom Kontext seines Einsatzes ganz unabhängig verfügbar ist. Sie sollte philosophische Propädeutik sein, d. h. vorbereitende Grundausbildung für alle, die Wert auf korrektes Denken legen oder z.B. aus beruflichen Gründen darauf angewiesen sind.

 

Wahrscheinlichkeiten spielen bei allem, was unser Leben betrifft, eine wichtige Rolle, ja man muss feststellen, was auch immer in unserem Dasein geschieht oder geschehen ist, geschieht oder geschah mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Auch der privateste Bereich, die Beziehung zu einem anderen Menschen ist davon nicht ausgenommen.

Und wie hoch ist eigentlich die Wahrscheinlichkeit, dass der Mensch an unserer Seite, sage wir mal, ein "fast" idealer Partner ist? Das "fast" unterliegt natürlich auch wieder einer sehr individuellen Einschätzung.

Fakt ist, die bloße Tatsache, dass man ein Paar ist, kann dafür kein Kriterium sein. Menschen neigen überwiegend dazu, lieber zu ertragen, bevor sie einen neuen Weg gehen. Häusliche Gewalt, seelische Kälte, berufliches Versagen, selbst Kriminalität, werden viel zu lange erduldet, wenn man sich erst einmal in einer Beziehung befindet.

Auch das subjektive Empfinden, "Ich bin glücklich verheiratet", ist kein Kriterium. Einfach schon deshalb, weil oft der Vergleich fehlt, die Erkenntnis: "Es geht noch viel besser".

Also ein Grund, sich das mal näher anzuschauen.

Ich gehe dabei von einer deutschen Durchschnittsfrau aus. Einfach, weil ich ein Mann bin, und mich das Seelenleben eines Mannes ziemlich langweilt. Frauen sind natürlich einzigartig! (Männer, denke ich manchmal entweder einzig oder artig.) Zur Analyse kann man allerdings nicht auf individuelle Faktoren eingehen.

Also die deutsche Durchschnittsfrau.


Sie ist 46,2 Jahre alt, 1,66 m groß, wiegt etwa 69,2 kg.

47 % (der Größte Anteil) sind verheiratet, haben im Schnitt 1,6 Kinder.

ca. 54,2 % sind ausschließlich heterosexuell.

Die Erwerbstätigenquote liegt bei etwa 74 %.

Frauen ab etwa 30 Jahren üben ihre Hobbys vermehrt im häuslichen Umfeld aus. 


Und wie stellen sich Frauen ihren idealen Partner vor?

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Aber der Reihe nach.

Wenn unsere Durchschnittsfrau, ich nenne sie jetzt der Einfachheit halber Gabi, verheiratet ist, dann ist auch ihr Mann, für dessen Eignung als idealer Partner wir uns ja interessieren, verheiratet.

Laut Statistisches Bundesamt gab es (2023) 34.286.080 Verheiratete in Deutschland. Ganz, ganz grob geschätzt waren davon 17.143.040 Männer, von denen unsere Gabi einen abbekommen hat.

Aber nicht alle männlichen Geschlechts kommen für Gabi in Frage.

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Es ist unwahrscheinlich, dass ihr Mann in die Kategorie 0-4 Jahre fällt, schon aus rechtlichen Gründen (es sei denn, sie hat eine Ausnahmegenehmigung erwirkt, in Deutschland weiß man ja nie). Und ob sie an den über 100jährigen gefallen findet, wäre zumindest, sagen wir, ungewöhnlich.

Wieder Fakten: Bei rund 73 % der Ehen war der Mann älter als die Frau, im Schnitt 2,5 Jahre. Bei Gabi bedeutet dies, dass er in die Kategorie 45-49 fällt. Also 2,9 x 2 (2,9 ist ja der Anteil an der Gesamtbevölkerung), also 5,8 % der Männer, in Zahl 994.296 Männer.


Das erst einmal oberflächlich betrachtet. Nun zu den Vorstellungen der Frauen. Dazu nur einige Aspekte.

Treue!

In der GeSiD‑Studie („Gesundheit und Sexualität in Deutschland“) gaben 23 % der Männer in einer festen Beziehung an, schon mindestens einmal außerhalb dieser Beziehung Sex gehabt zu haben. Fallen also weg. Es bleiben 765.608 treue Männer.

Gleichwertigkeit!

Der Wunsch, dass der Partner einen respektiert und unterstützt — z. B. in Lebensentscheidungen oder Alltagssituationen — wird häufig genannt. Beispiel: Bei Haus-/Betreuungsaufgaben in Beziehungen mit Kindern verteilt sich der zeitliche Aufwand fast genau so: Frauen ca. ≈70 %, Männer ca. ≈30 %. Wir können daher noch einmal 20%, um auf 50 zu 50 zu kommen, von unserem Männerpool infolge häuslicher Faulheit abziehen. Bleiben 612.486 Männer.

Gemeinsame Werte, Interessen und Lebensstile!

Gemeinsamkeiten (z. B. Hobbys, Weltanschauung) sind Frauen oft wichtiger als oberflächliche Kriterien. Hier wird es natürlich schwierig zu konkreten Zahlen zu kommen, da es unzählige mögliche Szenarien gibt. In solchen Fällen, die Mathematik dahinter spare ich mir, hilft die gute alte gaußsche Kurve, mit der man Normalverteilungen darstellen kann, die Körpergröße, die Intelligenz, sogar die Häufigkeit, mir der jemand statistisch in der Nase bohrt.

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Was können wir hier erkennen?

Eine Interessenübereinstimmung von 80 % und mehr ist außerordentlich selten. Wäre, nebenbei, auch langweilig für die Beziehung. Unter 20 % ist ebenso ungewöhnlich, wäre auch geradezu fatal.

Ok., jetzt sind wir fast genauso klug wie vorher, wir wissen zwar wie groß die Ausraster nach oben und unten sind, aber nicht, was unsere Gabi bereit ist, zu akzeptieren. Empirische Untersuchungen dahingehend auszuwerten sprengt leider unseren Zeitrahmen.

Also gehen wir einfach davon aus, dass Gabi mindestens einen Mann aus der Hälfte mit der Größten Interessenübereinstimmung erwartet.

Bleiben 306.243 Männer.

Persönlichkeit / Intelligenz / Humor!

Merkmale wie Intelligenz, guter Humor oder Ausstrahlung werden in vielfältigen Studien genannt.

Hier haben wir eine fast identische Situation wie im vorhergehenden Kriterium. Also noch einmal 50%.

Bleiben 153.122 Männer.

Stabilität – emotional, finanziell und im Alltag!

Obwohl finanzielle Aspekte bei älteren Frauen weniger stark im Vordergrund stehen als bei jüngeren, bleibt Stabilität in der Lebensführung und Alltag wichtig.

Dito.

Bleiben 76.561 Männer.

Jetzt hör ich lieber auf, Gabi wird mir zu anspruchsvoll.

Nur noch zwei Gruppen von Männern müssen wir unbedingt abziehen.

Sexuelle Orientierung!

Da Gabi heterosexuell ist, wird es sie im Regelfall stören, wenn ihr Mann das nicht ist. Eine Studie ergab, 13,4 % (neue Bundesländer) homosexuelle Männer waren verheiratet, geschieden oder verwitwet mit Frau.

Bleiben 67.833 Männer.

Gewalt!

Dann leider noch das Thema häusliche Gewalt.

Jede vierte Frau (25 %) war einer Studie zufolge mindestens einmal von körperlicher und/oder sexueller Gewalt durch einen (Ex-)Beziehungspartner betroffen. Laut dem BKA bzw. dem Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ist die Dunkelziffer erheblich — viele Fälle werden nicht gemeldet. Wenn wir nur 25% annehmen:

Bleiben 50.875 Männer.


Also selbst in einer mittelgroßen Stadt wie etwa Lutherstadt Wittenberg mit einer Einwohnerzahl rund 45.000 ist nur 1 Mann vorhanden, mit dem Gabi es aushalten kann.

Und den finde erst einmal.

Und jetzt, ihr Frauen, schaut auf den Typen neben euch. Ist er das wirklich, der unwahrscheinliche Glücksfall?

Übrigens: Ich hätte mit diesem Spielchen noch lange weiter machen können - bis da steht: Bleiben 0 Männer.


Wem ist der Trick aufgefallen, den ich hier verwendet habe?

Wahrscheinlichkeiten kann man nicht einfach addieren, wie ich es hier getan habe - dabei kommt Unsinn heraus. Schon aus mengentheoretischer Sicht, es gibt ja z.B. so etwas wie Teilmengen.

Und warum hab ich es trotzdem getan?

Weil dies eine verbreitete Methode ist, um unser Denken zu manipulieren, uns also dümmer zu machen, als wir eh schon sind. Um erfolgreich zu manipulieren, muss man nicht unbedingt lügen, man kann auch einfach Fakten nehmen und sie unzulässig kombinieren, um eine gewünschte Wirkung zu erzielen. Das funktioniert in der Politik ebenso wie im Privatleben.

Deshalb sollte man dies erkennen, wenn man Wert darauf legt, sich eine eigene Meinung zu bilden, und nicht willfähriges Opfer von Verführern zu werden, die es nur gut meinen mit sich selbst.













 
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