Dummheit in der Praxis Teil 5: Leistung und finanzieller Erfolg
- breinhardt1958
- 19. Okt.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 4 Tagen
Erfolg ist ein schillernder Begriff. Zwar kann man beschreiben, was etwa Erfolg im Sport, in der Wirtschaft, im Recht usw. bedeutet, das ändert aber nichts daran, dass Menschen eine sehr individuelle Sicht darauf haben, was unter Erfolg zu verstehen ist.
Nehmen wir nur den Bereich des Privatlebens.
Wenn ich einen Menschen gefunden habe, mit dem ich eine für beide Seiten glückliche Beziehung führe, bin ich erfolgreich. Wenn ich mich um eine mir nahestehende behinderte Person nicht nur aus Pflichtgefühl kümmere, ihr dadurch Lebenszeit und Lebensqualität schenke, bin ich erfolgreich. Wenn ich bei den Menschen in meiner näheren Umgebung auf Sympathie stoße, als gut, humorvoll, hilfsbereit usw. gelte, bin ich erfolgreich.
Doch darum soll es in diesem Beitrag nicht gehen. Wie heißt es so schön in der Umgangssprache: "Davon kann ich mir nichts kaufen!"
Und das trifft auf fast alle (zur Ausnahme komme ich noch) Bereiche zu.
Beispiel: Ein Sportler, der Olympiasieger wird, war in diesem Augenblick ohne Zweifel erfolgreich. Um Olympiasieger zu werden, muss man allerhand leisten, hartes Training, Verzicht auf anderer Freuden, Disziplin, Leidenschaft für die jeweilige Sportart usw. Und dann hat man es endlich geschafft, steht auf dem obersten Treppchen, die Nationalhymne wird gespielt, man erhält eine Goldmedaille, ist in den Nachrichten präsent, gibt Interviews usw. Und dann geschieht etwas Seltsames. Die einen, die Mehrzahl, ist innerhalb kürzester Zeit von der Masse vergessen, mit Ausnahme weniger Insider und Fans. Und andere wieder haben ausgesorgt. Sie können sich vermarkten. Oder anders ausgedrückt: sie machen aus Leistung Geld.
In unserer modernen Gesellschaft ist es nun einmal so, dass Erfolg nicht ausschließlich, aber im Wesentlichen als finanzieller Erfolg verstanden wird.
Aus Leistung, habe ich geschrieben, Geld machen!
Wie hängen Leistung und finanzieller Erfolg eigentlich zusammen? Führt Leistung wirklich zu mehr Geld? Immerhin ist es in unseren Breiten gang und gäbe, dass etwa Fleiß als Tugend gilt. Das Problem ist nur, dass Fleiß allein herzlich wenig nutzt.
Wer in Vollzeit arbeitet, ist doch fleißig, leistet etwas oder?
Ab dem 1. Januar 2025 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 12,82 €/Stunde brutto. Bei einer 40-Stunden-Woche ergibt das ein monatliches Brutto von etwa 2.222 €/Monat. Personen gelten laut EU dann als armutsgefährdet, wenn ihr Nettoäquivalenzeinkommen weniger als 60 % des Median-Nettoeinkommens der Gesamtbevölkerung beträgt. Das Nettoeinkommen hängt natürlich von mehreren weiteren Faktoren ab, Steuerklasse, Krankenkassenbeitrag, Kirchensteuer usw., also nehmen wir Durchschnittswerte. Bei einem Verheirateten mit 2 Kindern bleiben netto ca. 1.900 € übrig. Das Median-Netto beträgt hier ca. 3.250 €. Der Mindestlöhner kommt damit auf ≈ 58 % des Median-Netto. Erst mit Kindergeld ist er nicht mehr armutsgefährdet. Ein Unverheirateter ohne Kinder kommt übrigens ebenfalls auf ≈ 58 % des Median-Netto. Gut der Mindestlohn soll ja steigen - aber das ist Zukunftsmusik. Und ob du nun nur armutsnah, statt armutsgefährdet bist, macht den Kohl auch nicht fett. Übrigens es gibt auch EU-Staaten bei denen es besser aussieht: Frankreich ( ≈ 60-66 % ), Portugal ( ≈ 64-66 % ), Slowenien ( ≈ 61-62 % ). Fazit: Das Fleiß und damit Leistung zu finanziellem Erfolg führt, ist nichts als ein Märchen, dazu dienend, uns in den Schlaf zu lullen, auf das wir ja nicht auf dumme Gedanken kommen.
Doch zurück zu unserer Eingangsfrage!
Kann man Leistung zu Geld machen? Manchmal schon, aber allein Leistung scheint da nicht auszureichen - irgendetwas muss noch hinzukommen.
Kann man auch aus keiner Leistung Geld machen? Seltsamerweise ist die Antwort auch hier: Ja.
Und, treiben wir es auf die Spitze, kann man auch aus einer negativen Leistung, also Versagen, Geld machen? Wieder ist die Antwort: Ja
Irgendwie völlig irre, oder? Das widerspricht doch allem, was uns tagtäglich, seit unseren Kindertagen und auch jetzt noch erzählt wird.
Also Leistung!
Bleiben wir beim Beispiel Sport, denn in keinem anderen Tätigkeitsfeld kann man Leistung so präzise quantifizieren.
Bei Sommer-Olympia 2024 in Paris erhielt ein deutscher Olympiasieger 20.000 € als Prämie (die Italiener zahlen ihren Olympiasiegern 180.000 €, Südkorea belohnt ihre Sieger sogar mit ≈ 200.000 € und einer lebenslangen Rente). Im Durchschnitt verdienen deutsche Olympia-Teilnehmende laut einer Sporthilfe-Studie etwa 1.560 € brutto im Monat (Spitzenathleten natürlich etwas mehr). Also, aus dem eigentlichen Gebiet in dem die Leistung erbracht wird, kann man nicht allzu viel Wohlstand erwirken, man bedenke auch, dass sehr viel Aufwand betrieben werden muss, um überhaupt dorthin zu kommen (Aufwand-Nutzen-Verhältnis), und dass ein Sportkarriere nicht allzu lange währt.
Und nun?
Erstens können Sportler aus ein einer populären Sportart, die den Status einer Ikone erreicht haben (das sind aber verdammt wenige!) sehr, sehr reich werden:
Michael Schumacher :~200–400 Mio. $ (sehr große, langfristige Sponsorenverträge, bedeutender Anteil seines Vermögens stammt aus Werbung/Endorsements). Boris Becker, Steffi Graf, Sebastian Vettel, Dirk Nowitzki folgen auf den Plätzen, knapp dahinter eine ganze Riege bekannter Fußballer.
Und nach der sportlichen Laufbahn?
Neben dem Weg, als Arbeitnehmer ein wenig lukratives und auch im Gegensatz zur Zeit als Sportler recht langweiliges Leben zu führen, gibt es weitere Möglichkeiten.
Erstens kann man als ehemals erfolgreicher Sportler als Pausenfüller, pardon Experte, Banalitäten von sich geben, wozu auch jeder sportlich Interessierte in der Lage wäre (Bastian Schweinsteiger: Fester ARD-Vertrag, Gesamtvergütung laut ARD rund 117.000 €/Jahr für mehrere Auftritte).
Zweitens, wenn man einen gewissen Beliebtheitsgrad hat und nicht auf den Mund gefallen ist, gibt es ja glücklicherweise Talkshows (Katarina Witt: Markus Lanz, Riverboat, NDR Talk Show, Sportschau: Geschätzte Gage pro Auftritt 3.000 – 10.000 €).
Drittens kannst du, wenn du als Frau außerdem noch attraktiv bist, dich etwa für den Playboy ausziehen (Magdalena Brzeska: geschätzt 50.000–80.000 € nach einem öffentlich bestätigter Deal mit deutscher Ausgabe).
Viertens gibt es da ja noch das Reality-TV, wenn du dir für nichts zu schade bist (Jürgen Hingsen: Dschungelcamp 2025 ca. 200.000 Euro nach Medienberichten).
Gut! Aber diese Chance haben doch wieder nur wenige, die vielen, vielen mittlerweile unbekannten Olympiateilnehmer - die haben doch auch fleißig trainiert, etwas geleistet!
Fazit: Dafür, dass sich Leistung finanziell lohnt, spricht nur wenig. Die Wahrscheinlichkeit dafür, lässt sich leider auf Grund die Vielfalt dafür relevanter Faktoren kaum berechnen. Also schätzen wir: 2-5%, ok?
Zum zweiten Punkt. Kann man auch aus keiner Leistung Geld machen?
In Deutschland gibt es ca. 171 Milliardäre (2025). 128 davon haben ihr Vermögen überwiegend ererbt, 43 sind Self-made Milliardäre. Es gibt Berichte, dass beim „Vermögen der neuen Milliardäre“ (also solchen, die gerade Millionärs- oder Milliardärsstatus erreichen) zunehmend höhere Anteile durch Erbschaft oder durch bestehendes Familienvermögen kommen, im Vergleich zur Gründung/Unternehmensaufbau.
Ich habe verzweifelt nach Argumenten gesucht, worin die Leistung beim Erben besteht, vergeblich. Es ist und bleibt eine "Spermalotterie".
Übrigens führt dies die Argumentation neoliberaler Politiker ad absurdum, die gegen eine Erbschaftssteuer sind, indem sie auf den fleißigen Unternehmer hinweisen, der nun durch diese "ungerechte" Steuer um die Früchte seiner sauer verdienten Millionen gebracht werden soll. Übrigens: das Argument, dass eine Erbschaftssteuer Arbeitsplätze vernichten würde, ist noch unsinniger - gehört aber in der Betrachtung nicht hier her.
Selbst wenn einige dieser Erben sich in den ererbten Unternehmen engagieren (warum soll man ein geschenktes Auto nicht auch fahren?), ist es Geld ohne Leistung.
Und, wer etwas rechnen kann, die Wahrscheinlichkeit ohne Leistung Milliardär zu werden liegt bei ca. 75%, mit Leistung bei ca. 25%.
Warum arbeitest du eigentlich noch, erbe lieber!
Und letztlich, kann man auch aus einer negativen Leistung Geld machen?
In der Wirtschaft gibt es zwar immer noch die Tendenz, dass die Position im Unternehmen vor Leistung geht, aber immerhin haben einige begriffen, dass man eventuell wenigstens ein wenig die Einkommen von Spitzenmanagern an den Unternehmenserfolg koppeln sollte.
Dennoch ist es so, dass viele Vorstände hohe feste Jahresgehälter und Pensionszusagen haben (werden auch dann gezahlt, wenn das Unternehmen kurzfristig Verlust macht). Die einzelnen Regelungen sind sehr unterschiedlich, aber im Prinzip läuft es darauf hinaus. Beispiel: Siemens Energy. Christian Bruch (Vorstandsvorsitzender) und Kollegen haben es mit vereinten Kräften geschafft, einen Nettoverlust von ~4,6 Mrd. EUR zu erwirtschaften. Bestraft wurden sie mit einer lächerlichen Gesamtvergütung des Vorstands von 21,383 Mio. EUR inklusive aller gewährten Leistungen. Hoffentlich musste niemand daraufhin Grundsicherung beantragen!
In der Politik ist es noch lustiger. Auch hier nur ein Beispiel: Der Schaden aus der sogenannten „Maskenaffäre“ des ehemaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn wird teilweise auf bis zu 3 bis 4 Milliarden Euro geschätzt (ins Detail gehen, kann ich hier nicht). Und? Keine Zeit sich um solche Kleinigkeiten zu kümmern. Zuerst einmal sind die gewissenlosen Grundsicherungsempfänger an der Reihe, die (Einzelfallsbetrachtung) der Gesellschaft vielleicht einen Schaden von 100 Euro zufügen. An Politikern, Beispiele findet jeder, geht es oft folgenlos vorbei, wenn sie schlicht und einfach versagen. Und wenn sie trotzdem einmal den Hut nehmen müssen: einen neuen Job finden sie immer, vielleicht sogar einen noch besser bezahlten etwa in der Wirtschaft.
Aber, besteht die Leistung von Wirtschaftsbossen und Spitzenpolitikern vielleicht darin, in diese Position der Fast-Unantastbarkeit gekommen zu sein? Das ist ein Thema für sich. Ich jedenfalls habe den leisen Verdacht, dass für eine solche Karriere auch andere Faktoren eine Rolle spielen.
Alles in allem können wir die Wahrscheinlichkeit finanziellen Erfolgs bei negativer Leistung beruhigt auf 100% ansetzen.
Fazit: Was für ein Fazit? Irgendwie verwirrt mich das alles. Oder meine ich das alles vielleicht nicht ganz ernst? Verfolge ganz andere Ziele? Wer weiß.

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